Heute zeigen wir euch, wie der amerikanische Künstler von einem Job bei Barneys zu den Pinnacle Kollaborationspartnern bei Nike wurde.
Tom Sachs wurde am 26. Juli 1966 in New York City geboren. Er besuchte die Greens Farms Academy und nach seinem Abschluss studierte er Architektur an der Londoner Architectural Association School of Architecture, bevor er sich entschloss, in die USA zurückzukehren. 1990 zog Sachs von L.A. nach New York und gründete in der Innenstadt ein Studio namens „Allied Cultural Prosthetics“. Von dort aus arbeitete er ein paar Jahre in Gelegenheitsjobs, unter anderem als Beleuchter bei Barneys. 1994 wurde er angefragt, eine Szenerie für die Weihnachtsauslagen zu entwerfen. Er erschuf das „Hello Kitty Nativity“-Krippenspiel, das die Jungfrau Maria durch Hello Kitty mit offenem Chanel-BH, die drei Könige durch Bart Simpsons und den Stall durch ein McDonald’s-Logo ersetzte. Diese kontroverse Art sollte sich durch die gesamte Karriere von Tom Sachs ziehen.
Credit: Andy Hermann
Seine erste große Einzelausstellung – „Cultural Prosthetics“ – wurde 1995 in der New Yorker Morris-Healy Gallery eröffnet. Über die Jahre veröffentlichte er Kunstwerke und Skulpturen, die Markenfetischismus und Konsum kritisierten und Brands wie Chanel oder McDonald’s parodierten. Doch neben dem Tadel Richtung Konsumgesellschaft, war auch der Weltraum eine Thematik, der Sachs mit größter Leidenschaft nachging. Insbesondere das Apollo-Programm der 60er und 70er begeisterte ihn und gipfelte sogar in sein Space Program von 2007. Sachs baute dort ein 1:1-Modell der Apollo-Mondlandefähre, eine Missionskontrolle mit 29 Videomonitoren und stattete zwei Astronautinnen mit handgefertigten Tyvek-Raumanzügen aus. Zwei Jahre später sollte diese Obsession mit der Raumfahrt auch zum Gesprächsthema bei dem damaligen Nike CEO Mark Parker werden.
Es herrscht Unklarheit, wie Mark Parker und Tom Sachs zusammengefunden haben. Die einen behaupten, es wäre während einer Ausstellung in Paris gewesen, die anderen sagen, dass Tom und Mark zusammen eine Ausstellung für Lance Armstrong kuratierten. Auf diese oder jene Weise: Tom Sachs ließ kein gutes Wort an den Sneakern von Nike. Da der Swoosh seine Turnschuhe meistens explizit für eine Sportart konzipierten, fühlte sich Tom Sachs nicht repräsentiert. Der Athlet, den Sachs im Sinn hatte, wäre ein Ingenieur bei der Nasa. Mark Parker wollte auf Worte auch Taten folgen lassen, was drei Jahre später schließlich in Form des ersten Tom Sachs x Nike Marsyard auf den Markt kam.
Neben einer ansprechenden Apparel-Kollektion, die ebenfalls das Weltraumthema trug, war der Sneaker selbst ein Geheimtipp unter Kennern. Lediglich ein Store in Deutschland verkaufte die Schuhe und ein Retailpreis von ca. 350 EUR schreckte Sneakerheads ab, die nichts mit der Vita von Tom Sachs anfangen konnte. Den Mitarbeitern des „Space Programs 2.0“ wurden sogar Cole Haan (damals im Eigentum von Nike) Schuhe geschenkt, die seinerzeit von Salehe Bembury designt wurden. Über die Jahre wurde aus dem Geheimtipp immer mehr ein Grail, für den einige Sammler bereit waren, bis zu 2.000 EUR zu zahlen. Als dann der Release des 2.0 angekündigt wurde, war das Ansehen des Künstlers nahezu unantastbar.
Die Detailverliebtheit des ersten Sneakers sowie die Affinität zum Weltall sollten Tom Sachs zum Verhängnis werden. Die Toebox des ersten Marsyard Sneakers Vectran Gewebe – das gleiche Material, das auch für die Airbags von Mars Rovern verwendet wird. Denn obwohl das Material sehr robust und beständig war, hatte man diese Konstruktion noch nicht am Fuß getestet. Tom Sachs konzipierte seine Sneaker seit jeher schon mit dem Gedanken, dass man sie rocken muss. Der Gedanke des Stockens oder Resellens widerstrebte dem Künstler. Das Problem war nur: sobald die Marsyard Sneaker längere Zeit getragen wurden, riss die Toebox. Also wurde sich abermals mit Nike an einen Tisch gesetzt und der Nachfolger-Sneaker konzipiert.
2017 wurde dann mit dem Tom Sachs x Nike Marsyard 2.0 ein Update von seinem Vorgänger bestellt, das neben ein paar anderen Nähten auch eine neue Toebox aus Mesh zeigte. Sneakerheads, die ready für den Cop waren, mussten sich jedoch das Kaufrecht verdienen. Dazu wurden Plätze in Tom Sachs „Space Program“ in London und New York verlost, wo die Sneaker exklusiv an die Teilnehmer ausgehändigt wurde. Kurze Zeit später erschienen die Marsyard 2.0 zwar online bei Nike, aber nicht hierzulande. (@Nike: wir haben bis heute keine Entschuldigung gehört!) In Sachen Resell-Wert hat das Nachfolgemodell inzwischen ordentlich Meter gemacht. Manche Größen des Schuhs werden online für ca. 5.000 EUR verkauft. Tom Sachs und Nike haben den Gipfel ihrer Kollaboration erreicht. Doch wann kommt der nächste Shoe from outta space?
Wir befinden uns inzwischen im Jahr 2022. Sachs und Nike sorgten in den vergangenen Jahren immer wieder für kurze Schlagzeilen, die jedoch außerhalb des Overshoes und den Marsyards in Kindergrößen, nicht wirklich in einem marktreifen Sneaker Release mündeten. Honorable Mentions wären da: der Marsyard Midcut Sneaker, die gelben Sandalen mit Heeltab, ein Marsyard mit blauem Swoosh und der Marsyard 2.5, der innerhalb von Testpersonen ausprobiert wurde … und dann wieder verschwand! Es schien fast so, als würde sich Tom Sachs an seinem eigenen Höhenflug stören.
Also brachte er mit dem Nike GPS aka „Boring Shoe“ das aus seiner Sicht nötige Produkt heraus, um die Szene rund um Hypes und kurzweiligen Momenten im Internet ein wenig zu erden. Der „langweiligste Hype Sneaker Nikes“ erinnerte von seinem Look an den Nike Killshot mit Elementen des Nike Waffle Racers. Bei einem Retailpreis von gerade einmal 109 EUR sollte dieser Schuh alle diejenigen abholen, die keine Lust mehr hatten, an dem Hype Markt zu partizipieren. Während der erste Colorway jedoch relativ schwierig zu bekommen war, konnte man bei der aktuellen Variante in Gelb auch Wochen später noch seine Größe für einen erschwinglichen Aufpreis im Resellmarkt erstehen. Wir sind gespannt, ob wir nun das Ende der Fahnenstange erreicht haben, oder ob uns Tom Sachs erneut mit in unerforschte Galaxien nimmt. Hier könnt ihr euch alle Sneaker des Künstlers nachkaufen – wenn das Budget da ist.